15. Mai 2025

Blühende Geschäfte: Ein Blick hinter die Kulissen der Blumen- und Pflanzenversteigerung

Straelen. In Herongen (Straelen), direkt an der A40, in unmittelbarer Nähe zur niederländischen Grenze, liegt ein Grundstück von 220.000 Quadratmetern, das für die Region von enormer Bedeutung ist. Es ist der Standort von Veiling Rhein-Maas. Die einzige Blumen- und Pflanzenversteigerung in ganz Deutschland. Jährlich werden hier rund 5 Millionen Transaktionen durchgeführt. Im vergangenen Jahr wurde ein Umsatz von mehr als 420 Millionen Euro erzielt. Doch wer dieses einzigartige Unternehmen in Aktion erleben will, muss früh aufstehen: Derzeit ist Hochsaison!

Die Kunden sind meist schon ab 5 Uhr morgens vor Ort, um die Ware persönlich in Augenschein zu nehmen und sich ein eigenes Bild von Angebot und Qualität zu machen. Normalerweise beginnt die Versteigerung montags bis freitags um 6 Uhr, außer an wenigen Feiertagen, die man an einer Hand abzählen kann, an denen sie nicht stattfindet. In den Monaten April und Mai gibt es jedoch ein so hohes Angebot, dass die Versteigerung schon um 5.30 Uhr beginnt. Es wird immer so lange versteigert, bis alle Ladungsträger mit Schnittblumen, Topfpflanzen und auch Bäumen verkauft sind – und das kann dauern! „Inzwischen gibt es dank der Digitalisierung auch die Möglichkeit, ganz entspannt von zu Hause aus einzukaufen, auch wenn die meisten Kunden immer noch den persönlichen Eindruck bevorzugen“, erzählt Cees Hoekstra, Geschäftsführer von Veiling Rhein-Maas, einer Besuchergruppe des Netzwerks Agrobusiness Niederrhein. Montags und mittwochs sind die entscheidenden Tage, da stehen deutlich mehr Produkte in den weitläufigen Hallen der Versteigerung. Es werden täglich zwischen 1 und 1,5 Millionen Euro umgesetzt, jetzt in der Saison sogar zwischen 2,5 und 4 Millionen Euro!

Der Versteigerungssaal von Veiling Rhein-Maas bietet Platz für mehrere hundert Kunden. Auf insgesamt acht Uhren wird gleichzeitig versteigert, die vier Uhren auf der linken Seite sind für Schnittblumen, die vier Uhren auf der rechten Seite für Topfpflanzen. „Je nachdem, wofür sich die Kunden interessieren, suchen sie sich ihren Platz im Versteigerungssaal aus“, sagt Hoekstra. Die Reihenfolge, in der die verschiedenen Blumen und Pflanzen versteigert werden, wird nur selten verändert. So können die Kunden immer abschätzen, wann und auf welcher Uhr die Ware, für die sie sich interessieren, versteigert wird. Das Angebot in der Versteigerung ist natürlich sehr saisonabhängig, dabei lassen sich auch einige Trends erkennen. Rund um den Valentinstag stehen rote Rosen hoch im Kurs, während rund um Ostern besonders viel Gelb gekauft wird.

Natürlich kommt es auch vor, dass sich für die Pflanzen und Blumen kein Käufer findet, also kein Gebot abgegeben wird. In diesem Fall spricht man vom „durch die Uhr laufen“. „Das kommt selten vor und hängt natürlich auch von der gerade angebotenen Menge und der Nachfrage ab. In der Regel handelt es sich um sehr kleine Mengen.

Direkt hinter dem Versteigerungssaal schließt sich die Logistik an. Von einer Brücke aus konnten die Besucher sehen, was alles hinter den Kulissen passiert, um die Ware schnellstmöglich an den meistbietenden Kunden zu liefern. Auch hier setzt sich die bereits im Versteigerungssaal vorhandene Trennung von Topfpflanzen und Schnittblumen fort, die neben den verkauften Positionen auch durch die unterschiedlichen Ladungsträger bedingt ist, mit denen sie transportiert werden. Während die Pflanzen auf der rechten Seite oft als ganzer Stapelwagen verkauft und über eine insgesamt 10 km lange Kettenbahn durch die Hallen transportiert werden, ist es bei den Schnittblumen auf der linken Seite aufwändiger.

Die Schnittblumen werden häufiger in kleinen Partien ersteigert, sodass alle ersteigerten Blumeneimer pro Kunde mit Hilfe von Personal auf Stehschleppern händisch kommissioniert, d.h. zusammengestellt werden müssen. „Aktuell sind bei uns ca. 350 feste Mitarbeiter/innen in verschiedenen Bereichen beschäftigt. Die überall angespannte Personalsituation betrifft auch uns, weshalb wir vorausschauend nach neuen Ansätzen suchen, um uns auch in Zukunft optimal aufzustellen“, sagt Hoekstra. „Während der Versteigerung gibt es eine kurze Pause, die sowohl dazu dient, den Kunden eine Verschnaufpause zu gönnen, als auch den Mitarbeitern von Veiling Rhein-Maas einen Vorsprung beim Zuordnen und Verteilen der Ladungsträger verschafft, um die Blumen und Pflanzen schnellstmöglich zu den Kunden zu transportieren.“

Bei Veiling Rhein-Maas handelt es sich um die einzige Blumen- und Pflanzenversteigerung in Deutschland. In den Niederlanden gibt es ähnliche Versteigerungen, die jedoch zum größten Teil ausschließlich digital ablaufen. Auch die Möglichkeit, die Ware vor Ort zu begutachten, ist in den Niederlanden nicht mehr gegeben. Die derzeitige Versteigerung in Herongen entstand 2010 aus einem Joint Venture der Landgard Versteigerungen in Lüllingen und Straelen-Herongen in Kooperation mit der Versteigerung der Royal Flora Holland in Venlo. Der Zusammenschluss der drei Versteigerungen hat vor allem grenzüberschreitend zu einer noch engeren Zusammenarbeit der beiden Nachbarländer geführt. Eine Tatsache, die auch das Team von Agropole Innovates, einem deutsch-niederländischen Projekt zur besseren Vernetzung beider Länder im Agarsektor, sehr zu schätzen weiß. Daher war es der Netzwerkinitiative Agrobusiness Niederrhein, Leadpartner des Projektes, eine Herzensangelegenheit, das grenzüberschreitende Netzwerk zu einer Besichtigung des Vorzeigeunternehmens aus den eigenen Reihen einzuladen.

Doch damit war der Besuch vor Ort noch nicht beendet, denn ein weiteres Mitglied des Vereins ist sowohl örtlich als auch thematisch direkt angebunden. Schultz Blumenhandel und Logistik ist ebenfalls seit Jahren im Netzwerk aktiv. Sie sind die direkte Schnittstelle für Pflanzen und Blumen zur Versteigerung. Als Zwischenhändler erhalten sie ihre Aufträge von den unterschiedlichsten Kunden, die meisten davon sind Gartencenter. Seniorchef Jürgen Schultz sitzt jeden Morgen selbst in der Versteigerung und versucht, die bestellte Ware zum besten Preis zu ersteigern. Die angeschlossene Logistik sorgt dafür, dass die morgens noch an der Uhr ersteigerten Pflanzen bereits gegen 14 Uhr in den bis zu 100 km entfernten Gartencentern stehen, ein logistischer Aufwand, der aber auch eine enorme Qualitätssteigerung für die Ware bedeutet. Aktuell fahren 17 LKWs für Schultz, es waren auch schon mal 20. „Es ist derzeit enorm schwierig, Fahrer zu finden“, so Jürgen Schultz, „und dabei gibt es bei uns noch nicht einmal Fernfahrten, alle Mitarbeiter sind abends wieder zu Hause!“ Trotzdem ist der Pflanzenhandel die Leidenschaft der Familie Schultz und die Besucher konnten sich selbst davon überzeugen, warum: Die Blütenpracht in den Hallen von Veiling Rhein-Maas und der angeschlossenen Unternehmen ist einfach überwältigend und verbreitet gute Laune.

Quelle: Agrobusiness Niederrhein e.V.

Blick in den Versteigerungssaal. | Foto: Agrobusiness Niederrhein e.V.