7. Februar 2025

Strukturkrise belastet regionale Wirtschaft immer mehr

 Düsseldorf/ Mittlerer Niederrhein. Die Wirtschaft in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein zeigt zu Beginn des Jahres 2025 keine Anzeichen einer Erholung. Aus der anfänglichen Konjunkturkrise hat sich eine tiefgreifende strukturelle Krise entwickelt. Dies geht aus dem aktuellen Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammern Düsseldorf und Mittlerer Niederrhein hervor. „Das Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft als exportorientierter Industriestandort erweist sich zunehmend als nicht wettbewerbsfähig. Das trifft unsere außenhandelsorientierte Region besonders hart“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein. „Die Unternehmen berichten weiterhin von einer schlechten Geschäftslage und blicken zunehmend pessimistisch in die Zukunft.“ Der Konjunkturbericht basiert auf einer Umfrage in den ersten drei Januar-Wochen, an der sich mehr als 800 Unternehmen mit mehr als 80.000 Beschäftigten beteiligt haben.

Aktuell bewerten nur 22 Prozent der befragten Betriebe ihre Geschäftslage als gut, während 30,2 Prozent eine schlechte Lage melden. Der Geschäftslageindikator – der sich aus der Differenz dieser beiden Werte berechnet – liegt bei minus 8,2 Punkten. Damit befindet er sich zum dritten Mal in Folge im negativen Bereich, zeigt jedoch eine leichte Verbesserung gegenüber der vorherigen Umfrage im Oktober 2024 (minus 11 Punkte). „Die Erwartungen für das laufende Jahr deuten jedoch nicht darauf hin, dass 2025 eine spürbare Trendwende bringen wird – im Gegenteil“, erläutert Steinmetz. Zum ersten Mal in der fast 40-jährigen Geschichte des gemeinsamen IHK-Konjunkturberichts sind die Unternehmen nun zum dritten Jahresbeginn in Folge pessimistisch. 14,7 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, 30,4 Prozent mit einer Verschlechterung. Der Geschäftserwartungsindikator liegt damit bei minus 15,7 Punkten – deutlich niedriger als im vergangenen Herbst, als dieser Wert nur noch leicht negativ war (minus 2,7 Punkte) und es Anlass zur Hoffnung auf ein Ende der Talfahrt gab.

Zudem betrachten mittlerweile 63 Prozent der Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko für ihr Geschäft – ein Anstieg um 15 Prozentpunkte innerhalb weniger Monate und zugleich der höchste Wert seit Beginn der Erhebung. Damit sind die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen inzwischen das größte Geschäftsrisiko, noch vor der weiterhin schwachen Inlandsnachfrage. „Die Unternehmen sind nicht überzeugt, dass sich bei den größten Problemfeldern, wie etwa der überbordenden Bürokratie, der schleppenden Infrastrukturentwicklung, der hohen Steuerlast oder der Sicherung der Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen nach der Bundestagswahl grundlegend etwas ändern wird“, erklärt Steinmetz. „Während es im Herbst noch Hoffnungen auf wirtschaftspolitische Reformen gab, sorgt der politische Stillstand in Berlin nun für zunehmenden Frust in der Wirtschaft.“

Dazu kommt, dass die demografische Entwicklung die Sozialversicherungssysteme zusätzlich belastet. Das führt zu weiter steigenden Lohnnebenkosten. Daher betrachten mittlerweile 50 Prozent der Unternehmen die Arbeitskosten als Risiko für ihre Geschäfte – ebenfalls ein Rekordwert. Auch aus dem Ausland erwarten die Unternehmen keine Impulse. „Die Wahl von Donald Trump dürfte den Protektionismus fördern und könnte zu einem neuen Handelskrieg zwischen den USA und China führen – eine große Herausforderung für eine Exportnation mit schwindender Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Steinmetz.

Inzwischen nimmt auch der Druck auf dem Arbeitsmarkt zu: Der Anteil der Unternehmen, die ihre Beschäftigtenzahl verringern müssen, steigt. „Das könnte sich in diesem Jahr auch negativ auf die Arbeitslosenquote in der Region auswirken. Sie ist im Langfristvergleich zwar noch niedrig, zeigt aber im zweiten Jahr in Folge eine steigende Tendenz“, erklärt Steinmetz. Er befürchtet eine strukturelle Abwärtsspirale. „Wenn die Angst vor einem wirtschaftlichen Abstieg weiter wächst, bremst das auch die ohnehin schwache Konsumneigung der Bevölkerung.“

Die konjunkturelle Schwäche zeigt sich zum Jahresbeginn 2025 in nahezu allen Branchen. So berichten in der Industrie auch die Investitionsgüterproduzenten von einer schlechteren Lage, was auf eine insgesamt sehr niedrige Investitionsneigung im Land hindeutet. „Dies zeigt, dass die Investitionsbereitschaft landesweit nach wie vor gering ist“, so Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf. Auch im Baugewerbe überwiegen erstmals seit 15 Jahren die negativen Einschätzungen gegenüber den positiven. Der Großhandel verzeichnet die schlechteste Geschäftslage aller Branchen. „Produktionsorientierte Großhändler sind in den Sog der Industrie geraten, konsumorientierte Großhändler spüren die weiterhin schwache Konsumneigung der Bevölkerung“, erläutert Berghausen.

Die wachsenden Existenzängste in der Bevölkerung reduzieren deren Konsumlaune weiter und sorgen so im Einzelhandel für eine anhaltend schlechte Geschäftslage und pessimistische Erwartungen. Einzige Ausnahme bei den Branchen sind die Dienstleister, deren Lage sich im Vergleich zum Herbst etwas aufgehellt hat. Besonders Logistikdienstleister haben ihre Lagebewertung nach oben korrigiert. Angesichts ebenfalls sehr pessimistischer Erwartungen der Dienstleister rechnet Berghausen jedoch nicht damit, dass die Branche kurzfristig als Konjunktur- oder Beschäftigungsmotor wirken könnte.

„Mittelfristige Chancen für die regionale Wirtschaft ergeben sich vor allem dann, wenn die künftige Bundesregierung die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu einer zentralen Priorität im Koalitionsvertrag macht und entsprechende Schritte einleitet“, bilanziert Steinmetz die Ergebnisse des Konjunkturberichts.

Quelle: IHK Mittlerer Niederrhein

Jürgen Steinmetz (links), Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, und Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, haben den Konjunkturbericht vorgestellt. | Foto: IHK Mittlerer Niederrhein