Mittlerer Niederrhein. Die Industrieumsätze sind weiterhin rückläufig, die Arbeitslosigkeit steigt, und die Zahl der Beschäftigten nimmt ab – auch die Krefelder Unternehmen spüren die Wirtschaftskrise. „Wir haben nicht nur ein konjunkturelles Problem, sondern eine massive strukturelle Krise. Der Standort Deutschland ist im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Unternehmen stark sind und das Potenzial haben, die Krise zu meistern.“ Mit diesen Worten fasst Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, das Wirtschaftsjahr 2024 zusammen. Für 2025 rechnet er noch nicht mit einer spürbaren Verbesserung der Konjunktur, sieht aber für Krefeld Indizien, dass so etwas wie eine Bodenbildung erreicht sein könnte. „Wenn wir unser hohes Staatsausgabenniveau halten möchten, kann das aber nur über ein spürbares Wirtschaftswachstum finanziert werden. Dafür benötigen wir Reformen auf allen Ebenen“, fordert der IHK-Hauptgeschäftsführer.
In den Konjunkturumfragen der IHK hatte die regionale Wirtschaft im Jahresverlauf eine sich stetig verschlechternde Geschäftslage gemeldet. Im Frühsommer meldeten zum ersten Mal seit dem Corona-Lockdown im Winter 2020/21 mehr Unternehmen eine schlechte Lage als eine gute. Mit Ausnahme der Pandemiezeit gab es dies zuletzt im Zuge der Lehman-Krise zum Jahresbeginn 2010. „Die pessimistischen Erwartungen des Vorjahrs sind jetzt eingetreten“, so Steinmetz. Auch in Krefeld ist die Geschäftslage negativ. 22 Prozent der Unternehmen bewerten die Lage gut, 24 Prozent bewerten die Lage schlecht. Erfreulicherweise überwiegen bei den Geschäftserwartungen wieder die Optimisten.
Auch die Krefelder Industrie konnte den Trend 2024 nicht umkehren. Nach dem deutlichen Umsatzrückgang im Vorjahr ist der Umsatz in diesem Jahr von Januar bis September noch einmal um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Im Vergleich zum Jahr 2022 liegt das Minus damit bei 21 Prozent. „Die Industrie in Krefeld ist sehr energieintensiv und sehr exportstark. Daher wirkt sich die schwächelnde Wettbewerbsfähigkeit in Krefeld noch intensiver aus als an anderen Standorten“, so Steinmetz.
Inzwischen sind die Folgen der Krise auch auf dem Krefelder Arbeitsmarkt zu erkennen. Die Arbeitslosenquote und die Anzahl der Arbeitslosen sind im laufenden Jahr gestiegen. So weist die Arbeitsagentur mittlerweile eine Arbeitslosenquote von 10,9 Prozent aus, nach zuvor 10,5 Prozent. Es waren außerdem im November 5,3 Prozent Menschen mehr arbeitslos gemeldet als im Vorjahresmonat. Die aktuellen Beschäftigungsdaten aus dem März weisen zudem darauf hin, dass die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse geringfügig sinkt. Gut 150 Beschäftigungsverhältnisse sind weggefallen. Das entspricht einem Minus von 0,2 Prozent. „Das ist zwar noch kein besorgniserregender Trend, aber ein Signal, das wir ernst nehmen müssen“, so Steinmetz. Besonders in Branchen wie dem Handel, der Metallindustrie und der Logistik gab es Beschäftigungsabbau. Eine größere Entlassungswelle erwartet er jedoch nicht, da der Fachkräftemangel nach wie vor ein großes Problem für die Unternehmen sei.
Der IHK-Hauptgeschäftsführer ist optimistisch, dass es nach den Bundestagswahlen bei den fünf wichtigsten wirtschaftspolitischen Themenfeldern zu Reformen kommt und so die Trendumkehr gelingt. „Wir brauchen eine langfristig sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen, mehr Ausgaben in die öffentliche Infrastruktur, eine Unternehmenssteuerreform, Maßnahmen zur Linderung des Fachkräftemangels und einen Abbau von Bürokratie“, fordert Steinmetz. Das würde nicht nur der Wirtschaft, sondern eben auch den Menschen helfen, weil es Arbeitsplätze sichert. Steinmetz: „Eine erfolgreiche Wirtschaft sorgt auch für höhere Steuereinnahmen.“
Positiv wertet Steinmetz, dass die Gewerbesteuererträge immer noch sprudeln. So werden nach derzeitiger Prognose in Krefeld auch im Jahr 2024 rund 200 Millionen Euro an Gewerbesteuer eingenommen. „Das zeigt, wie leistungsstark die hiesige Wirtschaft trotz der trüben Konjunktur ist. Mit den richtigen Reformen werden wir die Krise meistern“, so Steinmetz.
Für den Wirtschaftsstandort Krefeld wünscht sich der IHK-Hauptgeschäftsführer, dass im Jahr 2025 die Zertifizierung als Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung umgesetzt wird. „Der Oberbürgermeister hatte dies bereits für das Jahr 2024 angekündigt. Wenn es nächstes Jahr gelingt, wäre das ein Erfolg für die Stadtverwaltung und ein ermutigendes Signal für die Wirtschaft, dass auch vor Ort an den Rahmenbedingungen gearbeitet wird“, so Steinmetz. Der IHK-Hauptgeschäftsführer sieht bei vielen wirtschaftlichen Themen der Stadt Fortschritte, betont jedoch, dass das Ziel noch nicht erreicht ist. „Der Gewerbesteuerhebesatz wurde in diesem Jahr zwar gesenkt, liegt aber weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Die Kaufhof-Task-Force konnte ein erfreuliches Ergebnis erzielen, und das Stärkungspaket Innenstadt zeigt erste Wirkung. Dennoch stehen die Innenstadtakteure weiterhin vor großen Herausforderungen“, so Steinmetz. Auch dass die Sanierung der innerstädtischen Straßen verstärkt angegangen wurde, lobt Steinmetz. „Das bleibt angesichts des erheblichen Investitionsstaus eine langfristige Aufgabe.“
Quelle: IHK Mittlerer Niederrhein