Mittlerer Niederrhein. Leerstand in den Innenstädten, mangelnde Kundenfrequenz, fehlende Aufenthaltsqualität und, und, und: Jahr ein, Jahr aus werden diese Themen diskutiert – mit nur mäßigem Erfolg. Damit soll Schluss sein. Mit der Roadshow „Heimat shoppen_reloaded“ möchte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein zum zehnjährigen Bestehen der Kampagne neue Wege gehen. Jetzt fiel mit dem Stopp des auffälligen Heimat-Shoppen-Busses in Krefeld der Startschuss. Rund 80 Akteure beschäftigten sich beim ersten Termin der dreiteiligen Roadshow einen Nachmittag lang mit der Frage: „Wie können wir durch neue Geschäftsmodelle Wertschöpfung in unseren Innenstädten generieren?“. Die Roadshow hat die IHK gemeinsam mit der Gesellschaft für Stadtentwicklung und Stadtmanagement postert.hamburg entwickelt. Finanziell unterstützt wird „Heimat shoppen_reloaded“ vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein- Westfalen.
„Der Kampagne ,Heimat shoppen‘ haben sich in den vergangenen zehn Jahren bundesweit 47 Industrie- und Handelskammern angeschlossen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz zur Begrüßung. „In entsprechend vielen Städten und Gemeinden wird die Initiative gelebt.“ Nun ginge es darum, sie weiterzuentwickeln. Und IHK-Vizepräsident Rainer Höppner, selbst Einzelhändler, betonte: „Lassen Sie uns alle dafür sorgen, dass unsere Innenstädte mit neuen Instrumenten weiterhin liebenswert, lebenswert und lohnenswert bleiben. Wir benötigen konkrete Maßnahmen, um ‚Heimat shoppen‘ zukunftsfähig zu machen.“
Welche Instrumente das sein können, erörterten zunächst Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten: Boris Hedde (IfH Köln GmbH), Benjamin Brüser (BR-AIN Brüser Architektur & Innovation), Birgitt Wachs (Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH), Stephan Austrup (Earthwise.Capital GmbH), Christoph Borgmann (Intersport Borgmann), Dr. Oliver Breiden (Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW), Rainer Höppner (IHK-Vizepräsident), Markus Niehaus (Schlafnerds) und Ariane Breuer (Stadtretter GmbH). „Wir müssen dranbleiben, auch wenn wir das Thema schon so viele Jahre miteinander bearbeiten, sind wir noch lange nicht am Ziel“, sagte Stefan Postert, geschäftsführender Gesellschafter der postert.hamburg GmbH. „Wir wollen heute nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern Vorschläge erarbeiten, wie Wertschöpfung generiert werden kann.“
Einig war man sich, dass Wertschöpfung über den finanziellen Aspekt hinausgeht und dementsprechend inzwischen nicht mehr alleine im Einzelhandel generiert werden kann. Vielmehr müsse es darum gehen, die Bedürfnisse aller zu bedienen. Daraus ergeben sich neben dem „Heimat shoppen“ weitere „Heimat-Funktionen“, wie zum Beispiel Heimat-Kultur, -Wohnen, -Freizeit, -Chillen. Unter dem Stichwort „All-inclusive-City“ oder „All-inclusive- Heimat“ können sich die Expertinnen und Experten ganzheitliche Geschäftsmodelle für Innenstädte vorstellen, dank denen die Bewohner mit einem Bändchen, wie man es aus Ferienanlagen kennt, sämtliche Einrichtungen, Restaurants und Serviceleistungen nutzen können. Darüber hinaus könnte ein privatwirtschaftlicher Innenstadtentwickler sämtliche Leerstände in einer Innenstadt betreiben und so die Nutzungen auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger abstimmen.
Dies funktioniere aber nur, wenn alle Akteure, die eine Rolle in Quartieren und Innenstädten spielen, für einen solchen Wandel befähigt würden. Dabei spielten Politik und Verwaltung eine ausschlaggebende Rolle: Verordnungen, die ursprünglich den Bestand schützen sollten, seien überholt und stünden neuen Entwicklungen im Weg. Außerdem müsse man die Immobilienbranche stärker in den Blick nehmen. „Wenn Wertschöpfung für die Immobilienbesitzer gegeben ist, machen sie alles mit, wenn nicht, machen sie nichts“, war man sich einig. Deshalb sollte die Politik über Steuervorteile bei innovativen Investitionen nachdenken und in die Niederlande schauen, wo Eigentümer, die in ihre Stadt investieren, von Steuerbegünstigungen profitieren.
Im Anschluss an die beiden Experten-Workshops trafen sich rund 70 Innenstadtakteure zum Forum, um unter anderem folgende Fragen zu diskutieren: Wie könnte ein Geschäftsmodell des „sta(d)tionären“ Morgen aussehen? Was braucht es dafür – strukturell, mental und rechtlich? Wie sieht der Weg dorthin aus? Auch in diesem Plenum setzten die Akteurinnen und Akteure unter anderem darauf, die Funktionalität der Innenstädte zu erweitern, bürokratische Hürden abzubauen und den Kontakt zu Immobilienbesitzern zu intensivieren.
Am Ende des Forums lud Stefan Postert die Teilnehmenden zu den beiden weiteren Foren ein, die inhaltlich auf dem Thema „Geschäftsmodelle“ aufbauen: am 24. Juni in Gütersloh und am 5. September in Bocholt. „Ich hoffe, dass wir am Ende unserer Roadshow eine Handreichung erarbeitet haben, die auf sämtliche Kommunen übertragen werden kann und eine echte Hilfe für eine nachhaltige Entwicklung ist“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.
Weitere Informationen rund um die Kampagne gibt es im Internet: www.heimat-shoppen.de
Quelle: IHK Mittlerer Niederrhein