Niederrhein/ München. Die temperaturgeführte Logistik ist für die Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln unerlässlich. Zugleich wachsen auch und gerade in diesem Segment der Logistik die Anforderungen an einen CO2-schonenden Transport. „Wir müssen Güterströme von der Straße auf die klimafreundlicheren Verkehrswege Wasser und Schiene verlagern“, stellte Andreas Stolte, Geschäftsführer der DeltaPort-Häfen gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion auf der Transport Logistic klar. Der Hafenverbund, zu dem der Stadthafen Wesel, der Rhein-Lippe-Hafen Wesel und der Hafen Voerde-Emmelsum gehören, hat sich mit dem Hafen Emmerich und dem NIAG-Hafen in Rheinberg-Orsoy zu den DeltaPort Niederrheinhäfen zusammengeschlossen. Gemeinsam treibt der Hafenverbund viele Projekte für eine klimafreundliche Transformation der Logistik voran.
Stolte hat die Idee zu dem Leuchtturm-Projekt „Cool Corridor“ entwickelt. Der CO2-neutrale Transportweg verbindet Europas größten Seehafen Rotterdam mit den Häfen am Niederrhein und sorgt dafür, dass temperaturgeführte Frischwaren so klimafreundlich wie möglich zu den Verbrauchern transportiert werden. Früher mussten temperaturgeführte Container, die per Seeschiff in Rotterdam anlanden, zunächst im Seehafen in Kühlzentren entladen werden, um dann per Kühlkoffer-LKW über die Straße an den Zielort im Hinterland gebracht zu werden. Doch dieser Weg ist kostspielig und sehr klimaschädlich. „Wir wollten diese bislang übliche Lieferkette durchbrechen und unter ökologischen Gesichtspunkten optimieren, indem die Reefer-Container ihren Transport in das Hinterland zukünftig per Binnenschiff erfahren“, erklärte Stolte. „Ich bin fest überzeugt, dass wir mit dem ,Cool Corridor‘ einen großen Anteil zur Verkehrswende und zur Emissionsreduzierung leisten können.“
Diesen Glauben teilen die anderen Projektbeteiligten. Hanna Stelzel, Direktorin des Containersektors beim Port of Rotterdam, betonte zunächst, dass über 75 Prozent aller in Rotterdam umgeschlagenen Waren keine Konsumgüter aus Übersee, sondern vielmehr für die Produktion notwendige Güter oder Lebensmittel für die Bevölkerung seien. Dementsprechend elementar sei der Hafen für die Versorgung Europas. Und dementsprechend wichtig sei es, die logistische Kette so klimafreundlich wie möglich zu gestalten. Hanna Stelzel schilderte die vielen Vorteile des „Cool Corridors“. So würden lange Standzeiten der Reefercontainer im Rotterdamer Hafen vermieden. Geringere Stauzeiten und ein verbesserter Modal Split seien weitere große Pluspunkte.
Innovative Konzepte lassen sich nur gemeinsam umsetzen
Stelzel lobte die Zusammenarbeit mit DeltaPort und mit den anderen Projektbeteiligten: „Innovative Konzepte, die einen so großen Mehrwert für das Klima und die Gesellschaft haben, können wir nur gemeinsam umsetzen. Besonders die enge Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Akteuren sowie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind entscheidend für den Erfolg solcher Projekte.“
Durch eine intelligentere und effizientere Gestaltung der Inspektionsprozesse wird eine zügige Abfertigung von Kühlcontainern sichergestellt. Dadurch werden unnötige Maßnahmen vermieden, sodass die Container problemlos per Binnenschiff ins Hinterland transportiert werden können. Sie fügt hinzu: „Als Port of Rotterdam arbeiten wir eng mit der Wirtschaft und den Inspektionsbehörden zusammen, um diese Effizienzsteigerungen zu realisieren und die Modal-Split-Nutzung für Kühlcontainer weiter zu optimieren.“
Entscheidend für den CO2-neutralen Transport im „Cool Corridor“ ist das wasserstoffbetriebene Binnenschiff Letitia, das die Container von Rotterdam aus an den Niederrhein transportiert. Es wird von der HTS-Group betrieben. Henk Heuvelman, Verantwortlicher der HTS-Group stellte das Schiff und seine technischen Spezifikationen vor. Grundlage für einen reibungslosen Verkehr des Schiffs sind wasserstoffgefüllte Container, sogenannte H2TankTainer, mit denen die Letitia betankt wird. Sechs Länder und mehr als 40 Partner aus dem öffentlichen und privaten Sektor waren an der Entwicklung des Schiffes beteiligt. „Die wasserstoffbetriebene Binnenschifffahrt hat eine große Zukunft in Europa. Projekte wie der ,Cool Corridor‘ zeigen, wie wir Logistikketten CO2-sparend umgestalten können“, sagte Henk Heuvelman.
Die in Rotterdam umgeschlagenen Lebensmittel gelangen auf dem Wasserweg in den Rhein-Lippe-Hafen Wesel. Dort hat sich Deutschlands führender Tiefkühllogistiker Nordfrost angesiedelt und betreibt mit einem 26.500 Quadratmeter großen Multitemperatur-Kühlhaus Lagerkapazitäten in allen Temperaturbereichen für Tiefkühl-, Frische-, Ambient- und Trockenware. Auch der Betrieb des Terminals mit Be- und Entladen der Binnenschiffe liegt in der Hand des Logistikers. Nordfrost war sofort überzeugt vom Konzept des „Cool Corridors“, mit dem sich das Unternehmensziel, nachhaltig und klimafreundlich zu agieren und entsprechende Konzepte für Verlader zu entwickeln, sehr gut umsetzen lässt.
„Durch die Nutzung des ,Cool Corridors‘ optimieren wir Warenströme, reduzieren Straßenverkehre auf die letzte Meile und entlasten die Umwelt in puncto CO2“, sagte Britta Bartels, geschäftsführende Gesellschafterin von Nordfrost. Zudem könnten Leerfrachten vermieden werden, weil das Hafen-Terminal alle relevanten Leistungen an einem Ort mit wasserseitigem Zugang bündele. Britta Bartels berichtete von der erfolgreichen Inbetriebnahme des Kühlhauses direkt auf dem Terminal – und unterstrich damit, dass sich das Leuchtturm-Projekt „Cool Corridor“ im Fluss befindet und ständig auf weitere mögliche Verbesserungen hin geprüft wird.
In der anschließenden Diskussion, die Gunnar Platz von der Planco Consulting GmbH moderierte, wurde deutlich, wie wichtig der „Cool Corridor“ gerade in der aktuell so unsicheren weltpolitischen Lage ist. Liefersicherheit, Resilienz und eine nachhaltige und klimafreundliche Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln: Das waren die Schlüsselbegriffe, die immer wieder fielen. „Nur durch eine grenzüberschreitende und vertrauensvolle Zusammenarbeit und den Mut aller Beteiligten, neue Wege zu gehen, können wir die großen Herausforderungen für die Gesellschaft und die Umwelt meistern“, fasste Platz zusammen.
Quelle: document1 GmbH/ DeltaPort Niederrheinhäfen GmbH

„Im Rahmen einer Podiumsdiskussion auf der ,Transport Logistic‘ stellen die Projektteilnehmer das ehrgeizige Gemeinschaftsprojekt ‚Cool Corridor‘ und seine positiven Folgen für Mensch und Umwelt vor: (v.l.n.r.) Andreas Stolte (Geschäftsführer DeltaPort Niederrheinhäfen GmbH), Hanna Stelzel (Direktorin Containersektor Port of Rotterdam), Henk Heuvelman (Geschäftsführer HTS-Group als Betreiber des wasserstoffbetriebenen Binnenschiffs Letitia), Britta Bartels (geschäftsführende Gesellschafterin Nordfrost) und Gunnar Platz (Planco Consulting GmbH) der die lebhafte Runde moderierte.“ | Foto: DeltaPort Niederrheinhäfen GmbH