Krefeld. „Wie wünschen wir uns unsere Innenstadt im Bereich der vier Wälle in den nächsten Jahren? Welche Anreize benötigen wir, um uns gerne in der Innenstadt aufzuhalten?“: Nachdem die Stadtverwaltung im Frühjahr das neue Leitbild „Mehr Stadt zum Leben“ für den Bereich innerhalb der vier Wälle vorstellte, lud sie in den vergangenen Wochen gleich zweimal zu einer Beteiligungswerkstatt ein. Unter dem Titel „Stadtdenker Krefeld“ nutzten mehr als 100 Teilnehmende die Chance, um an der Entwicklung ihrer Innenstadt mitzuwirken. „Wir haben uns vor allem über die vielfältige Teilnehmerschaft gefreut. Der jüngsten Teilnehmenden waren unter 20 und die ältesten über 70 Jahre. Für ein Drittel der Teilnehmenden war es die erste Beteiligungswerkstatt überhaupt“, erklärt Beatrice Kamper, Fachbereichsleiterin Stadt- und Verkehrsplanung. „Egal, ob Schüler, Student, Familie oder Pensionär – die Innenstadt gehört uns allen. Genau deswegen ist es so wichtig, dass wir sie alle gemeinsam gestalten.“
Die Stadtverwaltung hatte sich erstmalig für eine besondere Beteiligungsstrategie entschieden: Anstatt zur Gesamtentwicklung des Areals innerhalb der vier Wälle zu beteiligen, hatte das Vorbereitungsteam sechs Impulsprojekte für die Innenstadt ausgesucht. An sechs Dialogtischen wurde gemeinsam zu diesen Projekten gearbeitet – dabei wechselten die Teilnehmenden in festen Gruppen durch alle Themenbereiche. Angeleitet durch die Experten waren die Krefelderinnen und Krefelder zu jedem Thema aufgefordert, über Planungsideen zu diskutieren, eigene Wünsche zu äußern und Vorstellungen zu benennen. Dabei erhielten sie Hilfestellungen durch die Bereitstellung unterschiedlicher Materialien: Leitfragen halfen, die Diskussionen anzuregen, Inspirationsbilder konnten ausgewählt oder mit Klebepunkten Fragen beantwortet und Prioritäten gesetzt werden.
Die Veranstalter zeigten sich begeistert von den Ideen der Teilnehmenden. Am Projekttisch zu einer möglichen Umgestaltung der Sankt Anton-Straßen sammelten die Besucherinnen und Besucher zum Beispiel viele kreative Vorschläge, wie die Barriere zwischen dem nördlich und dem südlich liegenden Quartier überwunden werden könnte. „Am Ende sind die Ideen natürlich nicht alle umsetzbar, aber es ist deutlich geworden, wie wichtig es ist, die Querung über die Sankt Anton-Straße zu stärken, um die beiden Areale miteinander zu verbinden“, erklärt Kamper. „Ein Teilnehmer verglich die Sankt Anton-Straße mit einem Graben, der voll mit Krokodilen sei. Das Bild werde ich nicht vergessen.“
Auch am Dialogtisch zu einem möglichen „Reallabor“ an der Lindenstraße entstanden viele Ideen. Die Stadt schlägt vor, den Straßenraum auf der Lindenstraße zukünftig neu zu bespielen, zum Beispiel durch den Einsatz von Stadtmöbeln, temporären Nutzungen oder Gastronomie. Die Teilnehmenden füllten die Vision: Bordsteine könnten weggenommen und der Straßenraum neu für Fußgänger und Radfahrer aufgeteilt werden. Immer wieder fiel der Wunsch nach einem entsiegelten Bodenbelag, nach Beeten und Orten zum Niederlassen. „Bemerkenswert in beiden Veranstaltungen war die Bereitschaft der Teilnehmenden, selbst Verantwortung für Projekte in der Innenstadt zu übernehmen, wenn wir als Stadt die Grundlagen dafür schaffen“, erklärt Kirsten Steffens, Leiterin der Abteilung Räumliche Entwicklung und Denkmalschutz. „Es war eine Aufbruchsstimmung spürbar – das tat uns allen gut und schafft ein Gefühl der Gemeinsamkeit. Das brauchen wir, um die Innenstadt zu verändern.“
Auch an den Thementischen zum Umbau und der Umnutzung des Stadtbads Neusser Straße, zur Wiederbelebung von Problemimmobilien, zu einer möglichen Umgestaltung des Dr. Hirschfelder Platzes und zur Einrichtung einer möglichen Quartiersgarage am Westwall wurde gearbeitet. Die hier gesammelten Erkenntnisse fließen nun in die Ausarbeitung finaler Maßnahmen ein. „Ich kann mir vorstellen, dass wir bei manchen Projekten noch einmal unsere bisherige Strategie überdenken, auf jeden Fall werden wir Vorschläge untersuchen, die die Bürgerinnen und Bürger mitgebracht haben“, so Steffens. Die Abteilungsleiterin bezieht sich zum Beispiel auf den mehrfach geäußerten Wunsch, in einer Quartiersgarage auch Paketstationen sowie Fahrradabstellanlagen unterzubringen. „Wir werden prüfen, ob und wie das möglich ist“, sagt sie.
In den nächsten Wochen wird die Stadtverwaltung dazu intensiv arbeiten. Unterstützt werden die Planer dabei vom externen Büro „Pesch und Partner“. Das Leitbild „Mehr Stadt zum Leben“, das mit der Verwaltung fachübergreifend und auf Grundlage der Kulturhistorisch städtebaulichen Analyse erarbeitet wurde, war der erste Schritt im Rahmen der Erstellung eines neuen Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) für den Bereich innerhalb der vier Wälle. Die abgeleiteten Ziele und Handlungsfelder, die aus der Vision Wirklichkeit machen sollen, sind unter anderem durch die Beteiligungswerkstätten nun weiter mit Leben gefüllt worden. In den nächsten Monaten sollen jetzt die konkreten Maßnahmen und Projekte fortentwickelt und in einem finalen ISEK zusammengefasst werden. Dieses wird dann nach der Sommerpause in die Politik eingebracht werden. Auch eine Abstimmung mit der Bezirksregierung folgt parallel: Das ISEK ist notwendig, um Fördergelder im Rahmen der Städtebauförderung zu erhalten. „Am Ende werden wir nicht für alle Wunschprojekte, die wir bei der Beteiligungswerkstatt vorgestellt haben, Fördermittel erhalten. Aber, wenn die Politik den Projekten zustimmt, möchten wir sie grundsätzlich in Krefeld umsetzen“, beschreibt Kamper. „Die Zeitschiene werden wir gemeinsam festlegen.“
Dabei gibt es für die Projekte, die im Rahmen der Städtebauförderung gefördert werden, konkrete zeitliche Vorgaben. Sie müssen im Rahmen der Förderfähigkeit innerhalb von acht bis zehn Jahren umgesetzt werden. „Es ist wichtig, dass wir hier konkret werden“, erklärt die Fachbereichsleiterin. „Bei der Beteiligungswerkstatt ging es nicht darum, ins Blaue zu planen, sondern darum, konkrete Projekte gemeinsam voranzutreiben.“ Die Stadt hofft, dass mit dem politischen Beschluss bereits im nächsten Jahr mit der Umsetzung erster Projekte begonnen werden kann. Weitere Informationen zum Gesamtprozess „Mehr Stadt zum Leben“ gibt es hier.
Quelle: Stadt Krefeld