Mittlerer Niederrhein. Seine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Gießereimechaniker konnte er aufgrund seiner Leistungen verkürzen. Und sein Abschluss war so gut, dass er nicht nur zu den besten Azubis der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein und in Nordrhein-Westfalen gehört, sondern sogar zu den besten in ganz Deutschland. Gerade erst hat er in Berlin gemeinsam mit Roman Jakob, Beton- und Stahlbetonbauer bei der Voullié Bauunternehmung GmbH & Co. KG in Mönchengladbach, an der Bundesbestenehrung der DIHK teilgenommen. Das allein ist schon eine Erfolgsgeschichte. Aber Seyedsajad Mortazavian ist erst vor dreieinhalb Jahren aus dem Iran nach Deutschland gekommen, ohne Deutschkenntnisse, aber mit jeder Menge Motivation und dem festen Willen, etwas aus seinem „neuen“ Leben zu machen. Die Chance dazu hat ihm die Siempelkamp Giesserei GmbH – trotz anfänglicher Skepsis – gegeben. Und Seyedsajad Mortazavian hat sie genutzt.
Im Iran hat der heute 33-Jährige Metallurgie studiert. Dass sein Studium in Deutschland nicht anerkannt wird, hatte er bereits vom Iran aus recherchiert. Also googelte er Gießereien in Nordrhein-Westfalen und wurde schnell fündig. Seine Ehefrau studierte zu diesem Zeitpunkt bereits seit 2018 in Düsseldorf Informatik. Im Rahmen einer Familienzusammenführung folgte er ihr nach Deutschland und begann schon bald darauf seine Ausbildung in dem Krefelder Traditionsunternehmen. „Seine Einstellung und sein Wille, sich zu beweisen, haben uns von Anfang an begeistert. Man merkte ihm direkt an, dass er einen ganz anderen Zugang zum Lernen hatte“, sagt Ausbildungsleiter und Betriebsingenieur Eugen Müller. Sein Kollege David Dähler ergänzt: „Er hat schon so viel mitgebracht wie Lernfähigkeit, Tugenden, soziale Kompetenz und Persönlichkeit. Da fiel das sprachliche Defizit nicht so ins Gewicht.“ Das hatte sich ohnehin schon bald erledigt – denn auch beim Spracherwerb legte Seyedsajad Mortazavian ein beachtliches Tempo vor.
„Dieses tolle Beispiel zeigt: Erfolgreiche Integration gelingt nur über Ausbildung und Beschäftigung“, sagt IHK-Geschäftsführerin Daniela Perner. „Und für Unternehmen ist Integration eine große Chance, einen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten.“ Die IHK engagiert sich seit Jahren mit Informationsangeboten, Beratungen, Projekten und Veranstaltungen, so zum Beispiel mit dem Projekt „Willkommenslotsen“ zur betrieblichen Integration von Geflüchteten. „Wir können Unternehmen nur motivieren und ihnen Mut machen, die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt anzugehen. Es lohnt sich!“
Der frischgebackene Gießereimechaniker möchte auch Mut machen, nämlich anderen Menschen in seiner Situation – „auch wenn die Sprache erst einmal nicht so gut ist“. Geholfen habe ihm nicht nur seine Frau, sondern auch der Kontakt zu den vielen Kollegen, die ihn von Anfang an unterstützt haben. „Wir sind ein sehr internationales Team, hier bleibt keiner alleine“, bestätigt Eugen Müller. Der Ausbildungsleiter freut sich über das gute Abschneiden seines Zöglings, weiß aber auch, dass das noch längst nicht das Ende seiner beruflichen Reise ist. Denn Seyedsajad Mortazavian hat noch weitere Pläne: „Ich möchte berufsbegleitend auf jeden Fall noch den Meister oder Techniker machen.“ Seine Kollegen und Vorgesetzten werden ihn auch dabei sicher unterstützen.
An der Preisverleihung in Berlin nahmen rund 900 Gäste teil – neben den Eltern und Angehörigen der Besten vor allem Vertreterinnen und Vertreter der Ausbildungsbetriebe, Bundestagsabgeordnete sowie Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammern. Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, und Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gratulierten den Preisträgerinnen und Preisträgern, die mit Pokalen und Urkunden ausgezeichnet wurden. Moderator Thore Schölermann führte zum dritten Mal durch die Veranstaltung, die live im Internet übertragen wurde. Die Preisträgerinnen und -träger erhielten neben Pokalen und Urkunden auch einen „Open Badge“, mit dem sie ihre Leistungen auch in den sozialen Medien präsentieren können. Insgesamt gab es 207 Bundesbeste, die sich damit unter knapp 250.000 Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmern durchgesetzt haben. Zweimal erreichten zwei Beste im gleichen Beruf die exakt gleiche Punktzahl bei ihren Prüfungsergebnissen. Die Bundesländer mit den meisten Besten sind Bayern und Nordrhein-Westfalen mit jeweils 37 Super-Azubis. Es folgt Baden-Württemberg mit 35 Besten. Zwei Bundesbeste erreichten in ihren Prüfungen unschlagbare 100,00 Punkte: Beide haben den Beruf Verkäufer/Verkäuferin erlernt.
„Für die Auszubildenden ist es etwas Besonderes, in so einem festlichen Rahmen für ihre Leistung ausgezeichnet zu werden – und das haben sie sich auch wirklich verdient“, so Perner, die Seyedsajad Mortazavian und Roman Jakob nach Berlin begleitet hat. „Wir sind sehr stolz, dass auch zwei Azubis vom Mittleren Niederrhein zu den Geehrten auf Bundesebene gehören. Das zeigt, wie talentiert unser Nachwuchs ist und wie stark unsere Ausbildungsbetriebe und Berufskollegs sind. Darauf können wir alle richtig stolz sein!“
Quelle: IHK Mittlerer Niederrhein
Seyedsajad Mortazavian (M.) mit den Siempelkamp-Ausbildungsleitern Eugen Müller (r.) und David Dähler. Beide sind stolz auf ihren „Zögling“, der in diesem Jahr zu den bundesbesten Azubis gehört. | Foto: IHK Mittlerer Niederrhein