8. September 2024

„Puls der Wirtschaft im Rhein-Kreis Neuss“

Rhein-Kreis Neuss. Die regionale Wirtschaft befindet sich Mitte 2024 in einem leichten konjunkturellen Abwärtstrend. Die Stimmungslage der mittelständischen Wirtschaft hat sich im Vergleich zur Umfrage aus dem Sommer 2023 noch einmal verschlechtert. Nach dem Rekordhoch mit zum Teil überzeichneten Lage- und Erwartungsurteilen im ersten Nach-Pandemie-Jahr und dem darauffolgenden deutlichen Einbruch (2022: 150 Punkte | 2023: 136 Punkte) zeigt der Geschäftsklima-Index für 2024 mit 132 Punkten eine weitere Anpassung um vier Punkte nach unten – allerdings von seinem überdurchschnittlich hohen Niveau aus. Das ist das Kernergebnis des Mittelstandsbarometers für den Rhein-Kreis Neuss, das Creditreform Düsseldorf / Neuss, der Rhein-Kreis Neuss, die Sparkasse Neuss und die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein vorgelegt haben. Basis ist eine telefonische Befragung von 500 Unternehmen aus allen Kommunen des Rhein-Kreises Neuss.

Positives Auftragsklima und leicht verbessertes Personalklima stützen das Geschäftsklima in 2024
Die immer noch positive Konjunkturlage im Rhein-Kreis Neuss basiert wesentlich auf einer weiterhin sehr positiven Bewertung der Auftragssituation. Allerdings verlieren zwei der vier Teilindikatoren deutlich. Das Auftragsklima bleibt zwar weit überdurchschnittlich, gibt aber Punkte ab (160 Punkte|-7 Punkte), zugleich geht das Umsatzklima spürbar zurück (132 Punkte|-5 Punkte). Das Ertragsklima bleibt konstant (124 Punkte|0 Punkte), das regionale Personalklima (105 Punkte| +2 Punkte) wächst dagegen leicht. „Weiterhin lässt die Konjunkturbelebung auf sich warten und die Unternehmen sind etwas weniger zufrieden als im Vorjahr, das Geschäftsklima bleibt aber auch 2024 überdurchschnittlich. Getragen wird der Index vor allem von nach wie vor sehr guten Bewertungen sowohl der jetzigen Auftragslage als auch der zu erwartenden Auftragsentwicklung. Umso wichtiger ist es, dass abgearbeitete Aufträge schlussendlich bezahlt werden. Beim Zahlungsverhalten sehen wir, dass Unternehmen, die ihre Zahlungsausfälle 2024 – augenscheinlich in Folge eines verbesserten Risiko-Managements – reduzieren konnten, mit 151 einen überdurchschnittlich guten Geschäftsklima-Index haben, während Betriebe mit gestiegenen Zahlungsausfällen lediglich auf weit unterdurchschnittliche 112 Punkte kommen“, ordnet André Becker, Geschäftsleitung der Creditreform Düsseldorf / Neuss, die Ergebnisse ein.

Trends beim Geschäftsklima-Index auf kommunaler Ebene und bei den Hauptwirtschaftszweigen uneinheitlich
Der Abwärtstrend der regionalen Konjunktur verläuft 2024 in den acht Kommunen des Rhein-Kreis Neuss uneinheitlich. Dormagen und die beiden vergleichsweise kleineren Kommunen Jüchen und Rommerskirchen legen – teils deutlich – zu. Die größte Kommune, Neuss, sowie der ebenfalls bedeutende Wirtschaftsstandort Korschenbroich weisen dagegen vergleichsweise deutliche Rückgänge ihres Geschäftsklimas auf. Auch Kaarst und Grevenbroich verlieren Geschäftsklima-Indexpunkte. Meerbusch kann sein überdurchschnittliches Niveau halten.


Die fünf untersuchten Hauptwirtschaftszweige sind ähnlich uneinheitlich vom Abwärtstrend betroffen. Die Hälfte der Branchensegmente gibt 2024 Punkte ab. Am deutlichsten fallen die Rückgänge im Verarbeitendem Gewerbe und im Handel aus, die beide nach 2023 wiederholt spürbar verlieren. Der Bausektor kann dagegen seinen Einbruch aus 2023 wettmachen und gewinnt als einziger Wirtschaftszweig. Insbesondere bleibt die Auftragslage im Tiefbau angesichts verschiedener Infrastrukturprojekte gut. Der im Rhein-Kreis Neuss überdurchschnittlich stark besetzte Dienstleistungssektor gibt nur wenige Indexpunkte ab.

„Der diesjährige Geschäftsklimaindex liegt weiter auf hohem Niveau und stabil über dem langjährigen Durchschnitt. Das Mittelstandsbarometer zeigt, dass rund neun von zehn Betrieben den Rhein-Kreis Neuss als ihren Unternehmensstandort schätzen. Das ist auch Ausdruck unserer engagierten Arbeit hier vor Ort. Zugleich gilt: Berlin und Brüssel müssen den Bürokratieabbau konsequent vorantreiben und sicherstellen, dass Strom und Energie sicher, jederzeit verfügbar und bezahlbar bleiben, damit die bei uns ansässigen Unternehmen mit ihren gut bezahlten Arbeits- und Ausbildungsplätzen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig bleiben“, betont Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. „Wir im Kreis gehen unseren Weg, unseren Wirtschaftsstandort zukunftsfest aufzustellen, mit unserer neuen Wirtschaftsförderungsstrategie beherzt weiter. An Arbeitgeber und Arbeitnehmer appelliere ich, die Chancen auf Beschäftigung zu nutzen, insbesondere auch mit Blick auf die Ausbildung. Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen.“

Fokus Strukturwandel: Anteil der Unternehmen, die ausschließlich Chancen im Prozess sehen, geht zurück

Zuletzt waren die Energiepreise für die Industrie gesunken, weil viele Nebenkosten (wie z.B. Stromsteuer und die EEG-Umlage) weggefallen sind. Der energieintensiven Industrie, die hiervon schon immer befreit war, half dies nicht. Diese Branche leidet unter dem nach wie vor sehr hohen Beschaffungspreis. Dennoch scheint die Stabilisierung der Energiepreise dazu geführt haben, dass sich die Wahrnehmung des Strukturwandels verringert hat. Im Jahr 2024 zeigt sich im Mittelstandsbarometer eine reduzierte Wahrnehmung des Strukturwandels und Braunkohleausstiegs im Rheinischen Revier. Obwohl zwar immer noch 88 Prozent der Unternehmen im Rhein-Kreis Neuss das Thema wahrnehmen, stellt dies einen Rückgang um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr dar. Die Jahre 2022 und 2023 waren von großen Unsicherheiten bezüglich der Energiepreisentwicklung geprägt. Deswegen wurde in den vergangenen Jahren bei der Frage nach den positiven und negativen Auswirkungen des Strukturwandels von 92 bzw. 84 Prozent der Betriebe die „unsichere oder teurere Energieversorgung“ als erwartete Auswirkung genannt, jetzt jedoch nur noch von 65 Prozent der Unternehmen. Damit bleibt sie allerdings einer der bedeutendsten Auswirkungen. Wieder von mehr Unternehmen wird die Chance gesehen, dass durch den Strukturwandel die digitale und verkehrliche Infrastruktur verbessert wird sowie ein Innovationsschub entsteht. Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, erklärt: „Die Ansiedlung von Microsoft im Rheinischen Revier und hoffentlich auch im Rhein-Kreis Neuss war ein positives Signal für viele Unternehmen. Dennoch zeigt das Mittelstandsbarometer auch, dass der Anteil der Unternehmen, die im Strukturwandel ausschließlich einer Chance und wenig Risiko sehen, abnimmt. Wir brauchen mehr Tempo und Verlässlichkeit in diesem Prozess. Das betrifft zum einen eine Beschleunigung von Plan- und Genehmigungsverfahren, zum anderen die Energieversorgung. Nach unseren Berechnungen bräuchten wir bei einem Kohleausstieg 2030 einen bundesweiten Zubau von 25 Gigawatt (GW) gesicherter Leistung, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Wenn die Bundesregierung bei ihrer Kraftwerksstrategie nicht nachlegt, ist das anvisierte Ausstiegsdatum nicht mehr haltbar.“

Fokus Investitionen: Höhere Investitionsbereitschaft als im Vorjahr

Trotz der Herausforderungen des anstehenden Strukturwandels nimmt die Investitionsbereitschaft der regionalen Unternehmen (59%; +7 Punkte) nach 2023 auch in diesem Jahr wiederholt zu. Sie liegt damit jetzt – nach zuletzt 2019 – erstmals wieder über dem Bundeswert. Zugleich nähert sie sich ihrem bisherigen Höchststand aus 2019 (65%), der gemessen wurde am Ende einer sechsjährigen überdurchschnittlichen Entwicklung des Geschäftsklima-Index, bis auf 6 Punkte an. Die wirtschaftlichen Herausforderungen und anhaltend schwache Rahmenbedingungen dämpfen offensichtlich die Investitionsbereitschaft bundesweit. Dagegen zeigen die regionalen Unternehmen im Sommer 2024 eine nach 2023 sogar nochmals steigende Investitionsneigung. „Gerade beim Thema „Investitionen“ zeigt sich, dass es immer um mehr als Geld geht: Es geht um gute Voraussetzungen für die Unternehmen, es geht um zukunftssichere Ausbildungs- und Arbeitsplätze und damit um gute Perspektiven für die Menschen vor Ort und eine gute Lebensqualität in unserer Region. Das Erreichen der in Deutschland vereinbarten Klimaziele ist dabei eine enorme Herausforderung. Die notwendige ökologische Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft kann nur gelingen, wenn private und betriebliche Investitionen solide vorbereitet und finanziert werden. Dafür sorgen vor allem die Sparkassen, dafür sorgen im Rhein-Kreis Neuss vor allem wir – nicht zuletzt als führender Ansprechpartner für Förderprogramme und – mittel. Mit unserer Beteiligung an der ProEcoRheinland KG ­– dem Startup und Kompetenzcenter der rheinischen Sparkassen rund um das Thema „Nachhaltigkeit“ – sind wir in der Lage, noch mehr maßgeschneiderte Lösungen für den Mittelstand anzubieten. Z.B. wenn es um die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie oder Klimabilanz und die Erstellung von individuellen Sanierungsfahrplänen (kurz iSFP) geht.  Darüber hinaus handeln wir auch selbst und investieren jetzt und in den kommenden Jahren in eine umfassende Modernisierung unserer Standorte, um den steigenden Anforderungen an individuelle Beratung und den technischen bzw. baulichen Klimaschutz zu entsprechen“ so Dominikus Penners, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Neuss.

Quelle: Rhein-Kreis Neuss

Stellten die Ergebnisse des diesjährigen Mittelstandsbarometers vor: Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer IHK Mittlerer Niederrhein, André Becker, Geschäftsleitung Creditreform Düsseldorf/ Neuss, Dominikus Penners, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Neuss und Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (v.l.) | Foto: W. Walter/ Rhein-Kreis Neuss